Mein erster Artikel beschreibt ziemlich gut einen typischen Patienten unserer Praxis. Wir arbeiten in einer bayrischen Kleinstadt und sind sozusagen die Hausärzte für die Augen aller Einwohner. Vom Baby über Familien, Berufstätige bis zu Oma und Opa. Und das ist auch genau das Schöne.

Der Patient also, ein Mann um die 50 Jahre, kam zur jährlichen Kontrolluntersuchung. Seine Mutter und seine Tante werden ebenfalls in unserer Praxis betreut und leiden an altersbedingter Makuladegeneration – AMD. Bei dieser Krankheit gehen die Zellen der Netzhautmitte, der Stelle des schärfsten Sehens, langsam zu Grunde. Die Patienten bemerken eine langsame Sehverschlechterung, vor allem beim Lesen. In fortgeschrittenen Stadien wird die Sehschärfe leider sehr schlecht.

Für bestimmte Formen der AMD gibt es eine wirksame Therapie, für andere aber nicht. Hier kann nur durch geeignete prophylaktische Maßnahmen das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden.

Bei meinem heutigen Patienten gab es zum Glück noch keinerlei Anzeichen für eine AMD. Er hatte eine sehr gute Sehschärfe und bemerkte auch kein verzerrtes Sehen – ein Frühzeichen der Erkrankung, das mit einem Karomuster sehr gut selbst getestet werden kann. Bei der Untersuchung sah ich eine unauffällige altersentsprechende Makula.

Allerdings hat er durch seine beiden erkrankten Familienmitglieder ein erhöhtes Risiko selbst zu erkranken – die AMD ist unter anderem genetisch mitbedingt.

Deshalb erklärte ich ihm, dass wir uns zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen wiedersehen sollten und er sich von Zeit zu Zeit auf verzerrtes Sehen testen solle. Dafür gab ich ihm ein das sogenannte Amslergitter. Ein Karopapier mit Punkt in der Mitte, den man mit einem Auge (das andere zugehalten) mit einer geeigneten Lesebrille fixieren muss. Erscheinen einem dann die Linien des Gitters nicht mehr gerade, sondern verbeult oder fehlen Teile der Linien, sollte man sich zeitnah von einem Augenarzt auf AMD untersuchen lassen.

Außerdem gab ich ihm folgende Ratschläge zur Prophylaxe, damit er hoffentlich erst gar nicht erkrankt:

  1. UV-Schutz, also Sonnenbrille tragen bei starker Sonneneinstrahlung, sowohl im Sommer als auch im Winter
  2. Nicht rauchen
  3. Mediterrane Ernährungsweise.

Den letzten Punkt erläuterte ich noch genauer, weil sich da ja nicht jeder etwas darunter vorstellen kann:

Das bedeutet, viel Gemüse essen, mehr Fisch als Fleisch, vor allem wegen der gesunden Omega-3-Fette, also Lachs, Makrele oder Hering. Wer kein Fisch mag, kann die auch über Nüsse oder Rapsöl, Leinöl etc. zu sich nehmen.

Daraufhin schaut mich unser typischer Patient – eingeborener Bewohner einer bayrischen Kleinstadt – entgeistert, fragend und gleichzeitig belustig an und fragt:

„Frau Doktor, mit wem reden Sie? Wenn Sie mich meinen, I bin a Bayer, bei mir gibt`s kann Fisch, da gibt`s an Schweinsbraten.“

„Naja, dann essen sie eben an 6 Tagen Schweinebraten und am 7. Tag Lachs. Und zum Schweinebraten halt Gemüse dazu.“ Antwortete ich, Empfehlungen müssen ja auch für den Patienten passen.

Darauf er „Ja, Gemüse mag ich, aber nur wenn`s vorher die Sau g`fressen hat.“

Was soll ich dazu noch sagen – außer in mich hinein zu grinsen?

„Sie sind ja ein mündiger Patient und könne selbst entscheiden, was Sie tun. Ich gebe Ihnen nur alle wichtigen Informationen für diese Entscheidung.“


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