Zu diesem Thema habe ich leider keine witzige Anekdote oder lustigen Spruch. Eigentlich komisch, denn Betroffene gibt davon genug, meinem Gefühl nach klagt da jeder zweite in meiner Praxis darüber.

Aber so richtig Bescheid wissen die wenigsten. Und die meisten stellen sich folgende Frage:

„Wie? Sie sagen, ich habe trockene Augen? Aber die laufen doch die ganze Zeit!“

Mit Laufen meinen sie natürlich tränen. Wie kann ein Auge trocken sein, wenn es vor Wasser geradezu überläuft, vor allem bei Wind? Da haben die Patientinnen und Patienten, finde ich, allen Grund verwirrt zu sein. Meiner Meinung nach ist der Name der Krankheit schlecht gewählt. Wirklich „trocken“ im Sinne von zu wenig Wasser, sind die Augen nämlich nur bei einem kleinen Teil der Patienten. Bei den meisten anderen ist es eher eine Tränenfilmstörung, ja, das wäre die bessere Bezeichnung.

Der Tränenfilm besteht nämlich aus 3 Komponenten, 3 Schichten, einer wässrigen Schicht, einer Muzinschicht (das bedeutet soviel wie Schleim) und einer Lipidschicht.

Die wässrige Komponente wird von der Tränendrüse produziert, diese sitzt unterhalb der Augenbraue außen. Sie ermöglicht eine optimale Qualität der optischen Abbildung, macht also, dass man besser sieht. Die Muzinschicht wird von bestimmten Zellen der Bindehaut (das ist das „weiße“ im Auge) produziert. Sie versorgt die durchsichtige Hornhaut mit Nährstoffen und Feuchtigkeit. Die Lipidschicht schließlich wird von bestimmten Drüsen produziert, die innerhalb der Wimpern am Lidrand sitzen. Das Fett hilft, den Tränenfilm zu stabilisieren, damit die wässrige Schicht darunter nicht zu schnell verdunstet.

Wie man sieht, gibt es also mehrere Teile des Tränenfilms, die gestört sein können und so zu verschiedenen Symptomen des trockenen Auges führen. Und je nachdem, wo das Problem liegt, unterscheidet sich auch ein bisschen die Therapie. Denn Tränenersatzmittel ist nicht gleich Tränenersatzmittel. Und Tränenersatz ist auch nicht die einzige Form der Therapie.

Am häufigsten liegt ein Problem der Lipidschicht vor. Durch hormonelle Veränderungen, Alter, entzündliche Erkrankungen wie z.B. Akne oder Rosazea verstopfen die Meibomdrüsen am Lidrand, entzünden sich und das Fett für den Tränenfilm kommt nicht aus den Drüsen raus. Der Lidrand ist gerötet und die wässrige Phase des Tränenfilms hält nicht. Sie verdunstet zu schnell. Vor allem bei Wind, trockener Heizungsluft oder Klimaanlage. Die Augen würden so trocken werden. Aber die Tränendrüse springt ein und versucht, durch Mehrproduktion von Wasser, ein Austrocknen der Hornhaut zu verhindern. Und das wird dann mitunter soviel Wasser, dass die trockenen Augen tränen wie verrückt. Weil die Zusammensetzung des Tränenfilms falsch ist, das Fett fehlt ja.

Das merkt man besonders beim Lesen, weil man da reflektorisch weniger blinzelt und gegen Abend hin, weil die Augen ja schon den ganzen Tag offen der Umwelt ausgesetzt sind. Die Augen brennen, fühlen sich angestrengt und müde an, manchmal kommt auch ein Druckgefühl dazu. Druckgefühl hat also gar nichts mit dem Augendruck zu tun. Wenn man sie für ein paar Minuten schließt, wird es wieder besser.

Jetzt ist es bestimmt für Sie auch logisch, dass wässrige Tränenersatzmittel bei dieser Form der Tränenfilmstörung nicht viel bringen. Das berichten mir auch viele: „Frau Doktor, ich tropfe ja schon andauernd, aber es hilft irgendwie nichts!“ Oder anders: „Warum brauche ich Tränenersatzmittel? Meine Augen tränen doch eh die ganze Zeit.“ Hier muss also die richtige Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit wiederhergestellt bzw. ersetzt werden. Dafür braucht man Tränenersatzmittel, die auch eine Lipidkomponente beinhalten, oder wenigstens etwas Gelförmiges, damit diese überschießende Wasserproduktion aufhört. Manchmal muss man entzündete Lidränder kurzzeitig mit antibiotischen Augentropfen behandeln. Und man muss die Drüsen dazu bringen, ihr Fettsekret wieder rauszubekommen. Das macht man mit einer sogenannten Lidrandmassage. Mit einem warmen Wattepad oder Waschlappen wärmt man für ein paar Minuten die Lider auf. Dadurch wird das Sekret der Drüsen flüssiger. Dann massiert man die Drüsen senkrecht zum Auge hin, man streicht also mit etwas Druck am Oberlid nach unten, am Unterlid nach oben, um die Drüsen auszuquetschen. Regelmäßig ein bis zweimal täglich angewendet ist das die effizienteste Therapie, die wirklich die Ursache bekämpft. Oft kann man nach einiger Zeit seine Tropferei deutlich reduzieren. Das erleichtert sehr, denn anfangs muss man ca. 4 bis 6 mal täglich Tränenersatzmittel tropfen. Sehr lästig, aber die Wirkung hält eben oft nicht länger.

Ich bin ein Fan gesunder Ernährung und momentan auch in der Weiterbildung zur Ernährungsmedizinerin. Da begeistert es mich sehr, dass es neuerdings auch Hinweise gibt, dass eine Omega3-reiche Ernährung dies Form der Tränenfilmstörung bessern kann. Sowohl, weil Omega3-Fettsäuren im Lipidsekret der Liddrüsen enthalten ist, also auch weil Omega3-Fettsäuren eine anti-entzündliche Wirkung haben und so die chronische Entzündung der Lidranddrüsen heilen können. Gut essen und weniger tropfen – Toll, nicht?